Fraunhofer-Institute erstellen Wasserstoff-Roadmap für Deutschland

15.05.2020
 
Derzeit strebt die Bundesregierung an, eine Nationale Strategie Wasserstoff (NSW) vorzulegen, in der die wesentlichen Eckpunkte für die Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft ausgearbeitet werden. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat ihre eigenen wissenschaftlichen Positionen zur Wasserelektrolyse und Wasserstoffnutzung entwickelt und den an der Strategieentwicklung beteiligten Ministerien (BMBF, BMU, BMWi, BMVI, BMZ) sowie dem Kanzleramt zur Verfügung gestellt.

Wasserstoff-Pilotanlage: Das Fraunhofer ISE erprobt bereits seit zwei Jahren die Wasserstoffeinspeisung in das Erdgasverteilnetz.
© Fraunhofer ISE/Joscha Feuerstein
In einer Pilotanlage erprobt das Fraunhofer ISE bereits seit zwei Jahren die Wasserstoffeinspeisung in das Erdgasverteilnetz.

Wasserelektrolyse  als zentrale Technologie der Energiewende

„Grüner“ Wasserstoff und seine Syntheseprodukte werden eine zentrale Rolle für die Treibhausgasneutralität aller energieverbrauchenden Sektoren, insbesondere Verkehr und Industrie, einnehmen. Neben der direkten Nutzung wird Wasserstoff bei steigender Systemintegration von erneuerbaren Energien auch durch seine hohe Speicher- und Transportierbarkeit an Bedeutung gewinnen.

Die Fraunhofer-Institute skizzieren in ihrer Wasserstoff-Roadmap für Deutschland einen möglichen Pfad für die Einführung und Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in den verschiedenen Anwendungsfeldern. Wasserelektrolyse wird in Deutschland zu einer entscheidenden industriepolitischen Komponente werden:

  • für die Erzeugung des hierzulande benötigten Wasserstoffs
  • als Flexibilitätsoption im deutschen Stromnetz
  • als Kerntechnologie für den internationalen Exportmarkt

50 bis 80 GW bis 2050

Allein für Deutschland gehen Studien von einem Wachstum der installierten Kapazität der Technologie auf 50 bis 80 GW bis 2050 aus. Für das Erreichen dieser Größenordnung müssen umgehend jährliche Zuwachsraten von Elektrolyseuren im zweistelligen MW-Bereich und bis Ende der 2020er Jahre im Bereich von 1 GW erreicht werden.

Die Fraunhofer Wasserstoff-Roadmap zeigt verschiedene Pfade des Markthochlaufs auf und schlägt mögliche Maßnahmen zur Realisierung dieser Marktentwicklung vor:

  • Anpassung des regulatorischen Rahmens für Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom zur Stärkung der Sektorenkopplung
  • Förderung von Demonstrationsprojekten
  • die Schaffung international einheitlicher Regularien und Standards zu Wasserstoff
  • Abbau regulatorischer Hemmnisse für Brennstoffzellenfahrzeuge und Wasserstoff-Tankstellen

Aus unserer Sicht existiert die Technologiebasis der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt Prof. Dr. Christopher Hebling, Bereichsleiter Wasserstofftechnologien am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, „jetzt kommt es darauf an, die Weichen so zu stellen, dass das Scale-up für die Realisierung der weiteren Kostenreduktion und das Sammeln von Betriebserfahrungen gelingt“.

Neue internationale Energiepartnerschaften 

Großmaßstäblich werden Wasserelektrolyseure in internationalen Regionen ihren Einsatz finden, in denen die Stromgestehungskosten durch Photovoltaik- und Windkraftanlagen bei unter 3 €ct/kWh und die Volllaststundenzahl solcher Anlagenparks bei mindestens 4.000 pro Jahr liegt. Dies ermöglicht den Eintritt in einen globalen Handel mit erneuerbaren Energieträgern, da Wasserstoff und darauf aufbauende Syntheseprodukte zu international konkurrenzfähigen Kosten hergestellt werden können. Wasserstoff kann in flüssiger Form analog zu LNG direkt transportiert werden, aber auch in chemisch gebundener Form, als Ammoniak, Methanol oder LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carriers).  

Viele Regionen in der Welt bereiten sich auf diese Form des Handels nachhaltig erzeugter Energieträger und Basischemikalien vor, was für Deutschland weitere Energiepartnerschaften jenseits der bisherigen fossilen Energiepartnerschaften ermöglicht“, meint Prof. Dr. Mario Ragwitz, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG.

Mögliche Wertschöpfung bei Elektrolyse und Brennstoffzellen: 32 Mrd. Euro

Auch für die deutsche Industrie impliziert die erwartete globale Wasserstoffnachfrage substanzielle Chancen durch die Generierung von Vorreitermärkten. Auf Basis der Abschätzungen zur globalen installierten Elektrolyse-Kapazität von 3000 GW in 2050 wurde die mögliche Wertschöpfung für deutsche Hersteller bei Elektrolyse und Brennstoffzellen auf etwa 32 Mrd. Euro geschätzt.

Die Frauenhofer-Institute identifizierten folgende wichtige Themen für die Realisierung eines internationalen Energie-Handelssystems auf Basis von Wasserstoff:

  • Schaffung von langfristigen, investitionssicheren Regelwerken für eine politisch regulatorische Sicherheit
  • Weitere Investitionen in Forschung, um die Kosten zu reduzieren und die Langlebigkeit der Produkte zu erhöhen
  • Entwicklung von international harmonisierten und zertifizierten Standards für wasserstoffbasierte Energieträger und Chemikalien
  • Systemanalyse zur Gewinnung von Informationen über die zu erwartenden Geschäftsmodelle in den Gesamtketten
  • Energiepartnerschaften mit Ländern mit hohen Ausbaupotenzialen für erneuerbare Energien, um eine langfristig attraktive Investitionsumgebung zu schaffen
  • Internationale Forschungskooperationen

Download
Fraunhofer-Wasserstoff-Roadmap für Deutschland [ PDF  1,27 MB ]


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